5 - Influenza-Pandemie: Hysterie, Wichtigtuerei oder reale Bedrohung? [ID:9840]
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Dieser Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.

Vielen Dank für die freundliche Einführung, sehr geehrte Damen und Herren. Ich freue mich,

heute mit Ihnen der Frage nachgehen zu können, wie groß die Bedrohung durch eine neue Influenza

Pandemie eigentlich ist. Ich hoffe, Sie erwarten von mir jetzt nicht eine genaue

Wahrscheinlichkeitsangabe, denn da muss ich Sie enttäuschen. Ich habe mir für heute vorgenommen,

zunächst mal nach einem kleinen Rückblick auf die Eckpunkte zur spanischen Grippe mit Ihnen

einen Überblick über die Krankheitslast durch die jährliche Grippewelle zu geben. Ich möchte

dann auf biologische Eigenschaften von Influenza Viren eingehen, die jetzt wichtig sind für die

Risikoabschätzung und möchte dann einen Vergleich durchführen zwischen der Situation von 1918 mit

unserer heutigen Situation. Was ist anders? Begünstigt es die Epidemie oder ist es eher

positiv? Und damit kann man dann so ein bisschen Eindruck bekommen, wo wir hier eigentlich stehen.

Nun, die spanische Grippe hat der Herr Prof. Leben ja letzte Woche schon eindrücklich dargestellt,

welche starken Auswirkungen die auf das Leben letztlich hatten, begleitend zum zweiten Weltkrieg.

Ein paar Eckdaten dazu. Man nimmt an, dass über 20 Prozent der Weltbevölkerung damals infiziert

waren. Von den Infizierten geht man von einer Letalität von zwei Prozent aus, summiert sich

dann auf 20 bis 40 Millionen Toten. Diese Auswirkungen, hier mal ein Beispiel auf die

US-Armee, war so, dass sehr viel mehr Tote der Influenza zum Opfer gefallen sind als in

Kampfhandlungen. Und das ist ein großer Unterschied zur Grippeepidemie, die wir jedes Jahr letztlich

durchmachen, dass damals auch junge Erwachsene betroffen waren. Und um diese abstrakten Zahlen

ein bisschen eindrücklicher zu machen, möchte ich Ihnen aus einem Brief vorlesen, den ein amerikanischer

Militärarzt in der Nähe von Boston, der dort in einem Lazarett arbeitete, an einen Freund geschrieben

hat. Die Krankheit sieht anfangs aus wie eine normale Grippe, aber kaum liegen die Soldaten

im Lazarett, entwickeln sie ihm nur die bösartigste Lungenentzündung, die ich jemals erlebt habe.

Zwei Stunden nach der Einlieferung erscheinen mahargonikfarbene Flecken und wenige Stunden

später bereitet sich die Zyanose langsam von den Ohren über das gesamte Gesicht aus, bis man den

farbigen kaum vom weißen unterscheiden kann. Jetzt ist es nur noch eine Frage von Stunden,

bis der Tod eintritt. Am Ende schnappen die Patienten vergebens nach Luft und ersticken.

Es ist grauenvoll. Man kann auch ertragen, ein, zwei, zwanzig Männer sterben zu sehen, aber hier

krepieren die abenteufel wie die Fliegen. Das geht einem ganz schön an die Nieren. Wir haben

100 Tote pro Tag und diesen Schnitt halten wir auch weiterhin. Anhand dieses Textes kann man

einige Sachen ableiten. Vielleicht zunächst mal die Zyanose. Das ist eine bläuliche Verfärbung der

Haut, die durch den Sauerstoffmangel letztlich erzeugt wird. Das Blut wird eben dunkelbläulich

und führt dann eben auch zu der Verfärbung an der Haut. Wir sehen auch, dass von der Einlieferung bis

zum Tod sehr kurze Zeit vergeht. Das Ganze also sehr rasch fortschreitet und bei vielen sehr ähnlich

verläuft. Man kann daraus vielleicht den Schluss ziehen, dass diese schweren Krankheitssymptome

eine direkte Folge des Influenza-Virus sind und nicht so sehr eine bakterielle Überinfektion,

die man eben häufig auch bei Atemwegsinfektionen finden kann. Das hat natürlich Konsequenzen,

denn für die bakteriellen Infektionen haben wir natürlich heutzutage sehr gute Antibiotika. Aber

wenn letztlich ein Virus dahintersteckt, ist das natürlich eine andere Geschichte. Wenn es so rasch

zur Entwicklung oder der Verlauf dann auch dementsprechend rasch ist. Nun so viel nur zu

der spanischen Grippe. Wie verhält es sich jetzt im Vergleich dazu vielleicht mit den jährlichen

Grippewellen, die wir durchmachen? Und da geht man jetzt davon aus, dass jedes Jahr ungefähr ein bis

sieben Millionen Leute zusätzlich aufgrund der Influenza-Infektion einen Arzt konsultieren. Also

es ist ein großer Teil letztlich der Patienten, die dann eben auch beim Allgemeinarzt in den

Wintermonaten auftaucht. 5000 bis 30.000 dieser Leute erkranken so schwer, dass sie stationär

behandelt werden müssen, also aufgenommen werden. Von diesen treten dann auch eine Reihe von Todesfällen

auf. Durch die Influenza primär mal die Pneumonie. Was aber häufig unterschätzt wird, dass die

Influenza-Virusinfektion letztlich auch zu überschießenden Gerinnungsreaktionen führen kann,

dass das Virus auch mal direkt die Herzmuskelzellen befallen kann und gelegentlich auch mal zu einer

Erkrankung des Gehirns, zu einer Gehirnentzündung führen kann. Auch führt vermutlich die

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Klaus Überla Prof. Dr. Klaus Überla

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:54:31 Min

Aufnahmedatum

2018-11-29

Hochgeladen am

2018-12-05 14:04:31

Sprache

de-DE

Wie groß ist die Bedrohung durch eine Influenza-Pandemie wirklich? Anhand der Biologie von Influenzaviren und zurückliegender Pandemien soll eine Einordnung des Gefahrenpotentials vorgenommen werden.

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